Zum Auftakt seines Jahresprogramms präsentierte der Bibliotheksförderverein Sossenheimer Bücherwurm am 21. März die Autorin Ursula Ruppel und ihr Buch „Ich lebe und auch ihr sollt leben“. Büchereileiterin Elsa Namy hatte obendrein noch eine gute Nachricht in eigener Sache zu verkünden.
In vielfältigen Lebensbereichen hat der 21. März eine besondere Bedeutung. Da dieses Datum seit der Jahrtausendwende als UNESCO-Welttag der Poesie im Zeichen von Lyrik, Dichtung und Poesie steht, hatten die Veranstalter den Tag für ihre erste Autorenlesung äußerstpassend gewählt. Der Titel des Buches, um das sich der Abend drehte, ließ vorab schon Einblicke in harte Schicksale erahnen. Ursula Ruppel hatte einiges an Recherchearbeit geleistet, um eine Zeitepoche über mehr als 30 Jahre im Leben ihrer eigenen Eltern auferstehen zu lassen. Dennoch will die Autorin ihre Erzählung nicht als Biografie – oder gar Autobiografie – verstanden wissen. Zu groß blieben die Wissenslücken nach dem Tode der Eltern, und das Schweigen, mit dem vor allem der vom zweiten Weltkrieg heimgekehrte Vater sich umgab. Aufzeichnungen, Briefe, viele Fotos und Gespräche mit der Tante ließen die Bilder jener Zeit in der Autorin entstehen und wachsen. „Es war mehr ein eigenes Verstehen als reines Nacherzählen“ beschrieb Frau Ruppel bei der Lesung. So wundert es nicht, dass im Buch die Erzähler-Ebene rasch von Vater Johann zu Mutter Edith wechselte, die ihrer Tochter, die viel später ein mitreißendes Buch daraus machen sollte, manch detaillierte Beschreibung des Lebens in der „damaligen Zeit“ geben konnte. Büchereileiterin Elsa Lamy hatte die Besucherinnen und Besucher der Lesung schon vorab darauf hingewiesen, dass man beim Lesen des Buches schnell im Ausdruck der Autorin die Malerin erkennen werde. Schneller als so mancher Film es vermag, wurden die Zuhörer dann auch in die Gedanken- und Gefühlswelt der Figuren hinein genommen, denen es an Widersprüchlichkeit nicht fehlte. Die Geschichte von Edith und Johann berührte die Anwesenden zutiefst. Das äußerste sich nicht zuletzt durch das anschließende Schweigen, ganz im Gegensatz zu den munteren Diskussionen, die man sonst von vielen Lesungen in der Sossenheimer Bibliothek kennt. Die akute politische Weltlage trage sicher das ihrige dazu bei, dass weitaus mehr Betroffenheit spürbar sei als noch vor zehn Jahren, gab die Autorin zu bedenken.
Längere Öffnungszeiten
Die gute Nachricht für den ganzen Stadtteil hatte Frau Namy sich für den Schluss aufgehoben: Bereits nach Ostern wird die Sossenheimer Stadtteilbibliothek an vier Wochentagen öffnen können. Das lässt auf viel frischen Wind in der Nutzung von Medien aller Art und einen Aufschwung in der Sossenheimer Kulturszene hoffen. mi