17. Januar 2023

Ein Radverkehrskonzept für den Westen

Auch im Westen soll die Fahrradstadt Frankfurt Wirklichkeit werden

Um das Radfahren im Frankfurter Westen attraktiver, sicherer und komfortabler zu gestalten, hat die Stadt Frankfurt im Frühjahr 2021 ein Radverkehrskonzept für die Stadtteile Griesheim, Höchst, Nied, Sindlingen, Sossenheim, Unterliederbach und Zeilsheim in Auftrag gegeben. Nun liegt der Abschlussbericht mit einer umfassenden Analyse, einer Netzkonzeption und konkreten Vorschlägen für qualitätssteigernde Maßnahmen vor.

Mobilitätsdezernent Stefan Majer sagt: „Die Infrastruktur für Radverkehr in den westlichen Stadtteilen entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren zwar immer wieder punktuell um Verbesserungen bemüht, was aber gefehlt hat, war ein schlüssiger Gesamtplan mit hohen, zeitgemäßen Qualitätsanforderungen und klaren Prioritäten. Das vorliegende Radverkehrskonzept erfüllt diese Aufgabe und versetzt uns in die Lage, die Fahrradstadt Frankfurt auch im Westen systematisch zu entwickeln.“
Das zentrale Ergebnis des vom Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen erstellten Radverkehrskonzepts ist ein 149 Kilometer umfassendes Netz, das zum einen den Mobilitätswünschen der Bevölkerung gerecht wird, zum anderen hohe Qualitätsanforderungen an Sicherheit, Komfort und die Einhaltung neuester Standards stellt.
Das Gesamtnetz teilt sich in 83 Kilometer Radhauptnetz, das die westlichen Stadtteile untereinander, mit der Innenstadt und den Nachbarkommunen verbindet sowie in ein 66 Kilometer umfassendes Radnebennetz, das Ziele in den Stadtteilen erschließt. Während das Radhauptnetz wegen der gewünschten Direktheit der Verbindungen vor allem an Hauptverkehrsstraßen orientiert ist und in der Regel eine separate Radverkehrsführung erfordert, befinden sich die Straßen des Radnebennetzes häufig in Tempo 30-Zonen, wo Fahrräder sich im Mischverkehr mit Kfz bewegen.
Das im Konzept entwickelte Radverkehrsnetz für die westlichen Stadtteile muss in der angestrebten Qualität erst noch realisiert werden. Zwar ist auf über 80 Prozent des Netzes entweder eine Radverkehrsführung enthalten oder nicht erforderlich, weil die Wege frei von Kraftfahrzeugen sind oder diese höchstens Tempo 30 fahren dürfen. Doch wo es Radwege und Radspuren gibt, sind diese häufig zu schmal oder weisen sonstige Mängel auf. Lediglich 45 Prozent des Gesamtnetzes entsprechen den angestrebten Qualitätsstandards. In Summe bestehen rund 21 Prozent des Netzes aus ungesicherten Stellen oder Netzlücken. Neun Prozent des Netzes betreffen Strecken, auf denen es keine Radverkehrsführung gibt und auf denen schneller als 30 Kilometer pro Stunde gefahren werden darf. Hier besteht hoher Handlungsbedarf.
Für das Radhauptnetz strebt das Konzept eine Trennung sowohl vom Auto- wie vom Fußverkehr an. Die gewünschte Breite von 2,6 Metern resultiert aus der Vorgabe, dass Lastenräder hier einander überholen können sollten. Mischverkehr, Schutzstreifen und gemeinsame Geh- und Radwege sind für das Radhauptnetz nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Im Radnebennetz wird, sofern erforderlich, für Radwege und -streifen eine Breite von 2,3 Metern angestrebt. Der erhöhte Platzbedarf soll auf keinen Fall zulasten des Fußverkehrs gedeckt werden. Wo Flächenumverteilungen zugunsten des Radverkehrs nötig sind, kommen daher vor allem Flächen in Betracht, die derzeit der fahrende und parkende Kfz-Verkehr beansprucht.
Für 40 Großmaßnahmen in den westlichen Stadtteilen hat das Planungsbüro Vorschläge in Form von Steckbriefen ausgearbeitet. Weitere Umgestaltungsempfehlungen liegen für zehn Verkehrsknoten vor. Eine Reihe von Qualitätsverbesserungen lässt sich auch durch kleinere Maßnahmen der Mängelbeseitigung erzielen, etwa durch Beschilderung, Markierung oder andere Regulierung des Verkehrs.
Eine Großmaßnahme wäre beispielsweise die Kurmainzer Straße. Als Einbahnstraße verfügt sie im Stadtteil Höchst zwischen Auerstraße und Palleskestraße nur in der für den Kfz-Verkehr erlaubten Fahrtrichtung über einen schmalen Radfahrstreifen. In Gegenrichtung gibt es keine Radverkehrsführung, für die aber wegen mehrerer nahe gelegener Schulen sehr hoher Bedarf besteht. Durch die Wegnahme von Kfz-Parkplätzen könnte der bestehende Radstreifen auf eine zufriedenstellende Breite ausgebaut und in Gegenrichtung ein geschützter Radfahrstreifen eingerichtet werden.
Somit beschreibt das Radverkehrskonzept konkret, wie die Maßnahmen zu planen sind, beinhaltet aber selbst  keine detaillierten Planungen. Planung und Bau der einzelnen Maßnahmen zu realisieren, ist nun die Aufgabe des Mobilitätsdezernats und der zuständigen Ämter, wofür das Konzept auch hinsichtlich der weiteren Priorisierung der Maßnahmen eine sehr wichtige Grundlage bildet. Zugleich wird im Januar auch der Dialog mit dem Ortsbeirat 6 fortgeführt, um die Wünsche aus den Stadtteilen in der Umsetzung zu berücksichtigen.
Bei der Entwicklung eines Radnetzes für den Alltagsverkehr ist das Planungsbüro zunächst von idealtypischen Verbindungen zwischen Wohn-, Geschäftsstraßen, Schulen, öffentlichen Einrichtungen und Arbeitsplatzstandorten ausgegangen und hat diese schrittweise mit realen Wegen und Barrieren abgeglichen. Die Minimierung von Umwegen, die Erreichbarkeit möglichst vieler Ziele auf einer Strecke, gute Beleuchtung und soziale Kontrolle bildeten weitere Kriterien für die Konzeption. In die Analyse sind auch Daten von Verkehrsunfällen und Streckenbefahrungen eingegangen.
Bestandteil des Radnetzes im Westen soll auch die geplante Radschnellverbindung Frankfurt Wiesbaden (FRM3) sein. Die hierfür durch den Regionalverband FrankfurtRheinMain in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie liegt zwar noch nicht vor, der wahrscheinliche Verlauf am Gleis der S-Bahn-Strecke entlang ist im Netzplan jedoch bereits berücksichtigt. red

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