Vorab hat der Volkshausverein Ffm-Sossenheim e.V. einen geschichtlichen Rückblick herausgegeben, den wir nachfolgend gerne wiedergeben:
100 Jahre Volkshaus Sossenheim
Nur wenige Monate nach dem in Deutschland politisch und wirtschaftlich katastrophalen Jahr 1923 machten sich Sossenheimer Bürgerinnen und Bürger aus den Arbeitervereinen Gesangvereins Eintracht, des Radfahrerbundes Solidarität und der Freien Turnerschaft auf, sich ein eigenes Haus zu errichten.
Die Vorgeschichte wurde stark von dem „Sossenheimer Apfelweinkrieg“ geprägt. Nach Jahren der politischen Instabilität durch den Zusammenbruch des Kaiserreichs, geprägt durch Arbeitslosigkeit, Preissteigerungen, und politische Unruhen wurde 1921 allmählich etwas mehr Stabilität erreicht.
Doch nun kam es in Sossenheim zu dem Konflikt. Die Sossenheimer Wirte erhöhten den Apfelweinpreis von 12 auf 14 Pfennig und verlangten auch noch höhere Saalmieten. Alle Sossenheimer Vereine, vom Kleintierzüchterverein bis zu den Freien Turnern, taten sich zusammen und forderten die Bevölkerung auf, die Gaststätten zu meiden, wo der Schoppen mehr als 13 Pfennig kostete.
Doch die Gaststätten waren der Treffpunkt der Vereine, auch der Arbeitervereine. Was tun also? Im Sommer konnte viel unter freiem Himmel veranstaltet werden. Auch stellte die von Sozialdemokraten regierte Gemeinde Räume zur Verfügung.
Die Gastwirte blieben hart, der Sommer 1921 ging zu Ende, ein Verein nach dem anderen fiel um und akzeptierte die neuen Preise. Als auch die drei Arbeitervereine in ihre Stammlokale zurückkehren wollten, hieß es NEIN. Ihr habt den Aufstand angezettelt, seht zu, wo ihr bleibt.

Das Logo zum Jubiläum – gemeinsam entworfen und gestaltet von Peter Kullmann und Manuel Tiedemann. mk/VHV
Die Arbeitervereine schlugen sich recht und schlecht durch. Immer wieder kam die Idee auf, sich selbst ein Haus bauen. Aber wie sollte man das schaffen? Die Inflation fing an zu galoppieren. Im Januar 1923 kostete der Schoppen schon 50 Mark, im Juli 3.500 Mark, am 1. November wurden für einen Schoppen Apfelwein 3 Millionen Mark bezahlt und schließlich Ende November 200 Milliarden Mark! Mit Pfennigen hatte man schon ewig nichts mehr zu tun.
Das hieß für alle, das Ersparte war nichts mehr wert. Wer Sachwerte hatte, ein Haus, eine Werkstatt, einen Laden oder gar eine Fabrik, das blieb. Ansonsten war alles weg. Das traf auch die Vereine und was sie in ihren Kassen hatten: Alles wertlos.
Trotz Inflation und der politischen Krisen des Jahres 1923 hielten die Arbeitervereine an ihren Plänen fest. Der Traum: ein eigenes Haus. Zuerst einmal schlossen sich die drei Arbeitervereine zusammen: zu der Freien Turnerschaft. Chor und Radfahrer waren nun Abteilungen.
Als die Inflation Ende 1923 durch die Einführung der Rentenmark, später Reichsmark beendet wurde, war man zwar arm, aber man hatte wieder Geld, das auch morgen noch etwas wert war. Jetzt bauen wir uns etwas, die Überzeugung war gereift. Und das sollte etwas Anständiges werden. Mit einem großen Saal. Für Veranstaltungen und als Turnhalle. Mit einer Gaststätte. Auf neudeutsch würde man heute sagen: Think big.
Die Gemeinde verkaufte den Großteil des Grundstücks zu niedrigem Preis und verbürgte einen Teil der Hypotheken. Aber Hypotheken kosten auch Zinsen und Tilgungsraten. Die Arbeitervereine verlangten von jedem Mitglied pro Woche 30 Pfennig Sonderbeitrag. Das war nicht wenig Geld. Darüber hinaus wurde in ganz Sossenheim um Unterstützung gebeten, ja gebettelt. Einzelne Backsteine konnte man kaufen, also finanzieren. Wer ein Häuschen hatte, sicherte auch damit Hypotheken ab.
Unter den Voraussetzungen, dass alles abgesichert war, lieh die Henniger Brauerei Geld dem Verein 30.000 Mark, und die Versicherungsgesellschaft der Gewerkschaften, die Alte Volksfürsorge, wie sie damals hieß, 50.000 Mark. Nun konnte es los gehen, mit dem Gemeinschaftshaus, was dann auch ein Treffpunkt für alle Sossenheimer und ihre Vereine werden sollte, obwohl sich 1921 die Mehrheit der Vereine wenig solidarisch gezeigt hatte.
Am 28. und 29. Juni 1924 legten unsere Vorfahren den Grundstein – und schon am 15. November 1924, genau heute vor 100 Jahren, feierten die „Freien Turner“ die Einweihung. Wie war das möglich? Gute Planung und unendliche Einsatzbereitschaft der Vereinsmitglieder, die abends und an Wochenenden 17.000 Arbeitsstunden, also jeden Monat 4.000 Arbeitsstunden leisteten, freiwillig, unbezahlt. Die Maurermeister Wenzel und Fay übernahmen die Profi-Gewerke für 5.700 Mark, der neuen stabilen Reichsmark. Insgesamt kostete das Haus knapp 100.000 Mark.
Es folgte die Blütezeit der Arbeitervereine und überhaupt des Vereinslebens in Sossenheim, das durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 jäh beendet wurde. Nach Ende des „Tausendjährigen Reiches“ engagierte sich der Volkshausverein, als Rechtsnachfolger der Freien Turnerschaft wieder für sein Haus. Es wurde mehrfach renoviert und ist heute, erweitert um ein modernes Veranstaltungshaus, wieder Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Sossenheim. Betreiber ist die städtische „Saalbau“, aber Eigentümer, und das ist eine Besonderheit in Frankfurt, ist nach wie vor der „Volkshausverein Ffm-Sossenheim e.V.“
Soweit der beeindruckende Rückblick.
Zur Jubiläumsfeier haben sich auf Einladung auch Oberbürgermeister Mike Josef und weitere Repräsentanten angekündigt. Die musikalische Umrahmung gestalten Jo van Nelsen & Bernd Schmidt. Und für das leibliche Wohl wird ebenfalls gesorgt sein. Weitere Informationen über den Volkshausverein, seine Aktivitäten und Geschichte, die Vorstandsmitglieder und aktuelle Veranstaltungen findet man auf der Homepage des Vereins www.Volkshausverein.de mk