Unter dem Motto „Kirche ist für alle da, und nicht nur an Sonntagen zum Gottesdienst“ fanden in der Katholischen Kirche St. Michael seit dem 3. September drei kulturelle Veranstaltungen statt, die einander hervorragend ergänzten.
Den ersten Teil bildete die Bilderausstellung „Vielfältig verbunden“ von Julia Belot, die noch bis zum 25. September in der Kirche am Sossenheimer Kirchberg zu sehen ist.
Nach einem Klezmer-Konzert von Roman Kuperschmidt und seinem Enselble, das am 10. September die Besucher bezauberte, lud die Pfarrei St. Margareta am vergangenen Freitag nach dem allwöchentlichen Friedensgebet der Gemeinde St. Michael, zu einer Lesung mit dem Wiesbadener Autor Peter Neumaier ein.
Umgeben von den beeindruckenden Gemälden Julia Belots, stellte Neumaier seinem Publiukum den Münchner Rechtsanwalt Ernst Seidenberger vor, dessen Lebensgeschichte ihn zu seinem Buch mit dem Titel „Wehe dem, der allein ist“ inspirierte. Da es sich bei der Hauptperson des Buches um den eigenen Großvater handelte, konnte Peter Neumaier sein Werk mit zahlreichen authentischen Fotografien und Dokumenten versehen.
Obwohl Ernst Seidenberger sich bereits in jungen Jahren von seinen jüdischen Wurzeln distanzierte und sogar zum katholischen Glauben konvertierte, musste er nach der Machtergreifung der Nazis den Weg seiner jüdischen Leidensgenossen gehen, der von Enteignung, Entwürdigung und Entrechtung gepflastert war und ihn schließlich in das KZ Theresienstadt führte.
Aus Briefen Seidenbergers an die Familie und aus Erzählungen des schließlich von den Russen befreiten Häftlings, weiß der Enkel Peter Neumaier heute, dass vor allem die gesellschaftliche Isolierung dem Großvater besonders zu schaffen machte. „Zwischen die Rassen gestellt“ fühlte sich der einst erfolgreiche Rechtsanwalt, und dies nicht erst seit den Machenschaften des Nazi-Regimes.
Lange vor der Nazi-Diktatur konnte man in vielfältiger Form Judenhass begegnen, erinnerte Peter Neumaier. Viele Fragen blieben für die Enkelgeneration noch offen und sie reichen bis in unsere Zeit hinein. Seine Botschaft ist klar: Bei jedem Unrecht, das geschieht, ist Wegschauen das Schlimmste. mi