Der Polizeihauptkommissar kam am 8. Oktober gegen 16 Uhr mit dem Fahrrad. Seitdem ist in der Marienberger Straße nichts mehr wie es einmal war – zumindest nicht für die Autofahrerinnen und -fahrer.
Denn die bekamen wenige Tage später alle Post. 55 Euro sollten 40 bis 50 Anwohner bezahlen, weil sie auf beiden Seiten der Straße im Sossenheimer Ortskern mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig geparkt hatten. Die meisten hielten das zunächst für einen Scherz, denn geparkt wird in der Marienberger Straße und auch in den angrenzenden Straßen seit Jahrzehnten auf diese Weise und alle fanden das bisher gut. Denn obwohl die Fahrbahn nur gut sechs Meter breit ist, konnten so recht viele Autos untergebracht werden und selbst größere Fahrzeuge konnten noch durchfahren. Nur auf den Gehsteigen wurde es etwas eng. Die Durchfahrt mit einem Rollator oder Kinderwagen klappte aber meistens immer noch.
Die Bußgeldaktion, mit der der fleißige Polizist binnen kürzester Zeit mehrere tausend Euro eintrieb, sorgte für gewaltige Aufregung. Die Anwohner forderten, das Gehwegparken einfach mit Schildern zu legalisieren, so wie es die Stadt bei zwei Behindertenparkplätzen in der Straße längst macht.

Anfang vergangener Woche ließ die Stadt Frankfurt Haltverbot-Schilder montieren. Foto: Schlosser
Auch der Ortsbeirat 6 sprang den betroffenen Anwohnern zur Seite und bat den Magistrat im fernen Römer, bis zur Vorlage der bereits in Arbeit befindlichen Nahmobilitätsstudie alles so zu lassen, wie es ist.
Dieser Beschluss ließ den Amtsschimmel aber erst so richtig wiehern. Denn trotz der Bitte des Ortsbeirats ließ das Amt für Straßenverkehr Anfang vergangener Woche Haltverbotschilder montieren. Nun können nur noch auf der rechten Straßenseite Autos stehen. Auf der linken Seite ist das Parken jetzt komplett verboten. Beide Bürgersteige sind tabu. Es fehlt die Hälfte der bisherigen Parkplätze.
Die Anwohner sind außer sich und auch die CDU hält den Vorgang für einen Affront. „So kann das nicht weitergehen. Wir müssen die Menschen bei den politischen Maßnahmen mitnehmen“, kritisiert der Sossenheimer Stadtbezirksverband das grüne Verkehrsdezernat.
Nach einer pragmatischen Lösung sieht es derzeit nicht aus. Das Amt für Straßenverkehr will es offenbar wissen, ohne den Bürgerinnen und Bürgern eine Lösung anzubieten. Und die ignorieren die neuen Schilder einfach. MS