10. August 2022

„Vielfältig verbunden“

Ausstellung, Konzert und Lesung in der Kirche Sankt Michael

Kirche ist für alle da, nicht nur an Sonntagen zum Gottesdienst. Unter diesem Motto öffnet die Kirche Sankt Michael auf dem Sossenheimer Kirchberg 2 in der Zeit vom 3. bis 25. September ihre Tore und lädt zu einer Bilderausstellung, zu einer Lesung und zu einem Konzert ein.

Julia Belot heißt die Künstlerin, die nach einem intensiven Studium der Biologie an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg den Entschluss fasste, an der dortigen Kunst-Akademie ein weiteres Studium zu absolvieren, um sich künftig ganz der Malerei zu widmen. Der Emigration nach Deutschland Ende der neunziger Jahre folgte ein Studium in Kommunikationsdesign in Wiesbaden. Ihre Bilder werden seit Jahren in Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt und mit zahlreichen Preisen geehrt.
Die Suche nach Schönheit und Vollkommenheit, nach Sinn und Wahrheit spiegelt sich in ihren Werken. „Vielfältig verbunden“ ist der Titel von Julia Belots aktueller Ausstellung, die am Samstag, 3. September, um 18 Uhr eröffnet wird. Bis zur Finissage am Sonntag, 25. September, um 18 Uhr können ihre großformatigen Bilder in der Kirche besichtigt werden. Die Kirche ist für die Ausstellung montags, mittwochs und freitags jeweils von 10 bis 12 Uhr sowie dienstags, donnerstags und samstags jeweils von 15 bis 17 Uhr geöffnet.
Ein mitreißendes Klezmer-Konzert findet am Samstag, 10. September, um 19.30 Uhr in der katholischen Kirche statt. Der Klarinettist Roman Kuperschmidt und sein Ensemble bezaubern mit seinem virtuosen und beseelten Spiel die Zuhörerinnen und Zuhörer. Das Konzert wird musikalisch eine Brücke zu den Bildern von Julia Belot schlagen. In der Pause lädt die Katholische Pfarrei Sankt Margareta zu Brezeln und Getränken ein und es wird Zeit sein für „vielfältig verbundene“ Gespräche.
Im Rahmen der Ausstellung lädt die Pfarrei St. Margareta zudem zu einer Lesung mit dem Wiesbadener Autor Peter Neumaier am Freitag, 16. September, um 18 Uhr in der Sossenheimer Kirche ein. In seinem Buch „Wehe dem, der allein ist“ recherchiert der Autor die Lebensgeschichte seines Großvaters, des Münchner Rechtsanwalts Ernst Seidenberger. Dieser entstammte einer alten jüdischen Familie. Er verspürte jedoch früh den Wunsch, sich von seiner jüdischen Herkunft abzugrenzen und in die „deutsche Gemeinschaft“ zu streben. Er konvertierte zum katholischen Glauben. 1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger. In den 1920er Jahren vertrat der erfolgreiche Anwalt unter anderem den Schriftsteller Oskar Maria Graf. Die Ereignisse des Jahres 1933 setzten eine tiefe Zäsur im Leben und nationalkonservativen Weltbild von Ernst Seidenberger.
Mit dem Aufstieg und der Herrschaft des Nationalsozialismus wird ein erschütterndes, aber auch exemplarisches Protokoll der zunehmenden Vereinsamung infolge der eskalierenden Entrechtung und Verfolgung erzählt. Berufsverbot, Scheidung von seiner „arischen“ Frau, Zwangsarbeit und Tätigkeit als „Konsulent“, in der ihm nur noch die rechtliche Vertretung jüdischer Mandanten erlaubt war, bildeten die Stationen seiner gesellschaftlichen Isolierung. Getrennt von Familie, Beruf und Mitmenschen folgte die Deportation nach Theresienstadt. Ernst Seidenberger überlebte. Im Anschluss freut sich der Autor über eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum. red

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